Wie der Tag und die Nacht ...

Wie der Tag und die Nacht …

Was das Licht und die Dunkelheit schenken

Wie der Tag und die Nacht …

Mond und Sonne vereinen sich im Bild / Wie der Tag und die Nacht ...

Der Tag und die Nacht redeten im Morgengrauen miteinander, aber eigentlich hatte er an ihr nur etwas auszusetzen:

„Ich bin viel besser als du…“, meinte er. „Bei mir strahlt die Sonne. Nur ich kenne die Wärme und die Fröhlichkeit der Menschen… In mir sind sie stark und laut. Sie gehen ihrer Arbeit nach und sind so richtig lebendig. Aber bei dir, du dunkle Nacht, haben sie Angst. Sie schützen sich und frieren… Du bist nichts wert!“

„Hast du eine Ahnung!“, erwiderte sie. „Viele Menschen sind in dir ‚tolle Schauspieler‘. Sie tragen Masken, indem sie lachen, während sie bei mir weinen. Manche reden viel, aber im Grunde ihres Herzen sind sie schon lange sprachlos – durch das, was sie tagsüber erleben. Vielleicht haben sie in dir noch ihre Angst im Griff, doch nachts schreit die Seele auf…“, analysierte die Nacht. „Nein, vielleicht lieben die Menschen dich mehr als mich – aber dafür bin ich ehrlicher als du!“

Der Tag wurde ein wenig kleinlaut. „Tja, es stimmt schon, was du sagst…“, gab er offen zu. „Du hast etwas, was ich nicht habe…“

„Aha,“, horchte die Nacht auf. „Was denn…?“

„In dir können die Menschen Ruhe finden, zur Ruhe kommen. Im Vertrauen können sie loslassen, sich fallenlassen. Sie können hoffnungsvoll die Augen schließen, sich stärken, neue Kräfte sammeln – für mich. Nein, Nacht, du hast schon etwas ganz Besonderes an dir!“, erkannte der Tag. 

„Ja, aber trotzdem bist du angesehener als ich…“, sagte die Nacht bedrückt. „Das wird auch immer so bleiben. Denn in mir verbirgt sich ein Schleier der Traurigkeit, der viele Menschenseelen benetzt. Ruhelose Herzen suchen ihre Heimat. Bei mir klopfen sie an, aber nur du, lieber Tag, kannst ihnen Wege, Auswege, Heimwege zeigen. Solange Gott uns beide nicht abschafft, wird es das geben.“

Der Tag schlussfolgerte: „Und dieser Gott hat längst Licht ins Dunkel gebracht, indem er den Retter in diese Welt schickte. Er hat der Finsternis seine Macht genommen, damit es in den Menschenherzen hell werden kann!“

„Stimmt genau!“, strahlte die Nacht.